CDU-Ratsfraktionsvorsitzender droht Klimaaktivist*innen wegen Hochbeet

Eine Stellungnahme von End Fossil: Occupy! Göttingen

Geposted von " End Fossil: Occupy! Göttingen " am Wednesday, February 15, 2023

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Stellungnahme von End Fossil: Occupy! Göttingen

Am vergangenen Sonntag Nachmittag errichteten Aktivist*innen der Gruppe End Fossil: Occupy! ein Hochbeet auf der Terrasse des Museums Forum Wissen. Sie leisteten damit einen kleinen Beitrag für mehr Grünflächen und Biodiversität in der Stadt. Nun droht ihnen CDU-Ratsfraktionsvorsitzender Olaf Feuerstein mit einer Strafanzeige. Seine Gustodeluxe GmbH betreibt das Café mitsamt der Terrasse im Forum Wissen. Inhaltliche Gründe gegen das Bestehenbleiben des Beetes nannte er nicht. Dabei steigert die Begrünung inmitten der umliegenden Steinwüste auch das Wohlbefinden seiner Cafégäste.

“Anstatt sich über das geschenkte Hochbeet zu freuen, versucht Herr Feuerstein offenbar, sich mit der Drohung politisch zu profilieren. Seine Reaktion steht sinnbildlich für die andauernde Sabotage an Klimaschutzmaßnahmen durch die CDU. Wer auf eine solch positive Aktion derart unkonstruktiv reagiert, hat keine Vorbildrolle in der Stadtpolitik” ordnet eine Sprecherin der Gruppe die Reaktion ein.

Per Mail hatte sich der CDU-Politiker am Montag Abend an die Klimagerechtigkeitsgruppe gewandt. Darin forderte er den Abbau des Beetes durch die Aktivist*innen und kündigte an, nach Ablauf einer mehrstündigen Frist, umgehend Anzeige zu erstatten. Die Aktivist*innen der Gruppe werten dies als Einschüchterungsversuch und stehen geschlossen hinter ihrer Aktion. Alle Argumente sprechen für mehr Begrünung und Entsiegelung. Auch kleine Grünflächen steigern die Resilienz gegen städtische Hitzeinseln und Starkregen und haben darüber hinaus positive Effekte für die psychische Gesundheit. Als Ratsabgeordneter trägt Herr Feuerstein für genau diese Themen eine besondere Verantwortung. Stattdessen ließ er das Hochbeet nach dreitägigem Bestehen entfernen. Durch Bemühungen des Forum Wissens konnte das Beet auf den Museumsvorplatz umziehen. Rund um das Wissenschaftsmuseum fanden im Zuge des Baus des Freigeist Hotels und der anliegenden Sparkasse vor wenigen Jahren großflächige Versiegelungsmaßnahmen statt. Die Aktivist*innen unternahmen mit dem Bau des Hochbeets einen ersten Schritt, dem entgegenzuwirken.

“Wer sich so sehr von einem Hochbeet bedroht fühlt, hat den Ernst der Lage nicht begriffen. Wir fragen uns deshalb ernsthaft, wie die CDU die notwendige Klimaanpassung unserer Stadt schaffen will, wenn nicht einmal ein kleines Beet stehen bleiben darf?” kommentiert ein Aktivist von End Fossil: Occupy!.

Auch beim umstrittenen Bau eines neuen Parkhauses am Schützenanger setzt sich die CDU, zusammen mit FDP und SPD, aktiv für Flächenversiegelung, gegen Stadtbegrünung und gegen Klimaschutz ein. Darüber hinaus forderte die CDU-Ratsfraktion, Schüler*innen für die Besetzung des OHGs strafrechtlich zu verfolgen, obwohl diese vom Lehrpersonal begrüßt worden war. Derartige Versuche, friedliche Klimaproteste zu kriminalisieren steigern sich immer weiter. Sie gipfelten am vergangenen Mittwoch in den Razzien bei der Letzten Generation. Die Göttinger Aktivist*innen von End Fossil: Occupy! lassen sich davon nicht entmutigen. Ein Aktivist äußert deshalb:

“Von Herrn Feuerstein hätten wir uns mehr Dialogbereitschaft gewünscht. Wir laden ihn ein, sich mit uns am Hochbeet zu treffen. Dann können wir ihm erklären, warum auch einfache Klimaschutzmaßnahmen in Zeiten der Klimakatastrophe kompromisslos sind.”

Hintergrundinformationen:

Im Oktober 2022 besetzte End Fossil: Occupy! für eine Woche den größten Hörsaal im ZHG. Damals befürwortete der Senat der Universität die von den Besetzer*innen gestellten lokalen Forderungen nach einer Abkehr von veralteten Lehrinhalten, sowie nach baulich-betrieblicher Klimaneutralität. Umgesetzt wurde davon bislang wenig.

Daraufhin erweiterten die Aktivist*innen ihr Aktionsrepertoire und errichteten im April 2023 unangekündigt eine Sonderausstellung im Wissenschaftsmuseum „Forum Wissen“. Hier verwiesen sie auf die Diskrepanz zwischen dem breiten öffentlichen Wissen über die Klimakrise und dem gegenüberstehenden unzureichenden politischen Handeln. Sie boten psychologische Erklärungen für ausbleibendes Handeln und zeigten durch „reale Utopien“, dass eine bessere Welt möglich ist. Schließlich stellten sie Gruppen aus der Göttinger Klimagerechtigkeitsbewegung vor, in denen Besucher*innen aktiv werden könnten.

Die daraus neu gewonnene Unterstützung nutzten die Aktivist*innen, um in größerer Zahl im Mai die bereits zweite Unibesetzung in Göttingen innerhalb eines Jahres durchzuführen. Als Teil der internationalen Besetzungswelle #mayweoccupy wurden abermals Räume geschaffen, in denen sich Menschen über die Klimakrise, damit verbundene strukturelle Probleme und Lösungsansätze austauschen konnten. Das Ziel: Alle Menschen zum Protest gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen ermutigen und dafür den Campus erneut politisieren. Es hatte keinerlei Reaktion, geschweige denn ein Gesprächsangebot des Präsidiums gegeben, stattdessen saß dieses die Besetzung aus. Doch die Klimakrise kann man nicht aussitzen. Vermutlich wurde deswegen in Solidarität mit der Besetzung einige permanente Erinnerungen in den Hörsälen und dem Unigelände geschaffen, die weiterhin zum Handeln anregen sollen.

Keine Woche später sind die Aktivist*innen erneut als Sapßguerilla-Gärtner*innen in Göttingen präsent.

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