Über 400 Demonstrationen für kinderfreundliche Straßen in Deutschland

Kidical Mass Aktionswochenende

Geposted von " Kidical Mass Aktionsbündnis " am Monday, January 23, 2023

Inhalt

Vom 5. bis 7. Mai 2023 bringt das Kidical Mass Aktionsbündnis zehntausende Menschen in über 400 Orten auf die Räder und fordert von der Metropolregion bis in den ländlichen Raum: Straßen sind für alle da! An den Aktionstagen machen sich Kinder, Eltern, Freund:innen und Schulen für kinder- und fahrradfreundliche Orte, sichere Schulwege und selbstständige Mobilität stark. Mit großen bunten Kidical Mass Fahrraddemos und Schulstraßen-Demos zeigen alle Generationen, wie Städte und Gemeinden zu gestalten sind. Mittendrin: tausende Kinder und Jugendliche, die für einen kurzen Moment nicht mutig sein müssen, um auf der Straße Rad zu fahren.

Auch in Göttingen findet am Sonntag den 7. Mai um 16 Uhr wieder eine Kidical Mass Fahrraddemo statt. Vom Deutschen Theater aus geht es in einer Rundtour um die Innenstadt zum Neuen Rathaus. Kinder und Erwachsene können entspannt erleben, wie schön und bunt Fahrradfahren sein kann, wenn genügend Platz gemacht wird.

KidicalMass

Aber auch sogenannte „Schulstraßen“-Demos mit temporäre Kfz-Durchfahrtsverboten vor Schulen wird es in Göttingen geben. Am Freitag den 5. Mai demonstrieren von 7.30-8.00 Uhr Eltern und Kinder wieder vor der Wilhelm-Henneberg-Schule, um auf das hohe Verkehrsaufkommen vor der Schule hinzuweisen. Seit 25 Jahren sichern hier ehrenamtliche Elternlotsen die Zebrastreifen, damit die Kinder zur Schule kommen können. Jedoch hat in den letzten Jahren der Verkehr immer weiter zu genommen und viele nutzen die Abkürzung durch Wohngebiete und an der Schule vorbei, um die stark belastete B27 zu umgehen. Am Freitag den 12.05. wird von 7.30-8.00 Uhr die Ernst-Fahlbusch-Straße vor der Hainbundschule temporär gesperrt und ebenfalls zu einer bunten „Schulstraße“. Hier wollen Eltern und Kinder zeigen, wie entspannt der Weg zur Schule sein kann ohne den Lärm und die Gefahren durch zu viele Autos.

Der 12.Mai ist auch der letzte Tag der Schulstraßen-Kampagne von „Streets for Kids“, bei der europaweit „Schulstraßen“ eingerichtet werden. Auch in Göttingen sind weitere „Schulstraßen“ in Planung.

Barbara Stoll, Direktorin von Clean Cities Campaign und Organisatorin von „Streets for Kids“ sagt: „Jedes Jahr sterben in Europa rund 1.200 Kinder an den Folgen giftiger Luftverschmutzung. Zudem kommen jährlich mehr als 500 von ihnen bei Verkehrsunfällen ums Leben. Das sind erschreckende Zahlen, die die Verantwortlichen in Städten und Regierungen zu einem besseren Schutz der Kinder bewegen sollten. Schulstraßen schaffen ein gesünderes und sichereres Umfeld an Schulen und bringen Eltern dazu, statt dem Elterntaxi per Pkw auch gesündere und sauberere Alternativen wie Zufußgehen, Radfahren und die öffentlichen Verkehrsmittel in Betracht zu ziehen. Unsere Regierungen müssen unverzüglich Maßnahmen ergreifen, um in ganz Europa kindgerechte Straßen zu schaffen."

Schulstraßen sind in Österreich mittlerweile in die Straßenverkehrsordnung aufgenommen und werden mit einem eigenem Schild vor immer mehr Schulen erfolgreich installiert. In Paris gibt es mittlerweile ein ganzes Schulwegenetz auf dem Kinder und Jugendliche sicher und selbständig zur Schule kommen können, ganz ohne Kfz-Verkehr. In Deutschland wurden temporäre Straßensperrungen vor Schulen erfolgreich in Köln, Hannover und Berlin eingeführt.

Um die Verkehrswende zu verwirklichen, braucht es einen gesetzlichen Rahmen und eine klare politische Prioritätensetzung. Den Grundstein dafür hat die Petition für ein kinderfreundliches Straßenverkehrsrecht der Kidical Mass gelegt, die 2022 rund 90.000 Menschen unterzeichnet haben. Im März 2023 war „Kinderfreundliche Mobilität“ erstmalig Tagesordnungspunkt auf der Verkehrsministerkonferenz. Die Verkehrsminister:innen der Länder fordern in einem gemeinsamen Beschluss von Bundesverkehrsminister Volker Wissing die im Koalitionsvertrag der Ampelregierung vereinbarte Reform von Straßenverkehrsgesetz (StVG) und -ordnung (StVO). Sie gehen sogar einen Schritt weiter.

In der Begründung ihrer Forderung an den Minister folgen sie der Argumentation der Kidical Mass Petition. Ein kinderfreundliches Verkehrssystem sei wesentliche Voraussetzung für die selbstständige, aktive Mobilität der Kinder auf dem Weg zum Kindergarten oder zur Schule sowie in der Freizeit. Dies gelte auch für weitere vulnerable Gruppen. Ein zeitgemäßes Straßenverkehrsrecht und eine Verkehrsinfrastruktur, die diese Mobilität fördert, erhöht die Sicherheit und Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum für alle Bevölkerungsgruppen. Es geht also nicht nur um sichere Mobilität, sondern um eine bessere Lebensqualität für alle Generationen. An diesen Auftrag werden die Teilnehmer:innen der Kidical Mass die Entscheidungsträger:innen aus Politik und Verwaltung im ganzen Land bunt und lautstark erinnern.

Simone Kraus, Co-Initiatorin der Kidical Mass, bringt es auf den Punkt: „Kinder haben ein Recht darauf, sich sicher, selbstständig und geschützt zu bewegen. Erst wenn wir Kinder und vulnerable Menschen bei der Verkehrspolitik in den Fokus setzen, schaffen wir eine zukunftsgerechte Gestaltung des öffentlichen Raumes für alle. Städte wie Paris, Gent und Utrecht machen es jetzt vor und krempeln dafür das Verkehrssystem schnell und effizient um. Genauso wollen wir das auch!“

Kinder müssen zur Schule. Dass sie dort sicher ankommen, liegt in der Verantwortung der Erwachsenen bzw. des Gesetzgebers. Letzteren fordert die Kidical Mass auf, mit einem reformierten Straßenverkehrsrecht schnell adäquate Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Schutzbedürftigkeit von Kindern muss dieser in den Mittelpunkt stellen sowie Städten und Gemeinden die Freiheit geben, kinder- und fahrradfreundliche Maßnahmen nicht nur an einzelnen Gefahrenstellen umzusetzen, sondern im gesamten Stadtgebiet. Das umfasst u.a. geschützte oder baulich getrennte, breite Radwege, Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen innerorts sowie Schulstraßen ohne Autoverkehr.

Die Kidical Mass ist eine weltweite Bewegung. Seit 2017 gibt es sie auch in Deutschland. Bei bunten Fahrraddemos erobern Radfahrende von 0 bis 99 Jahren die Straße. Die Kidical Mass setzt sich für kinder- und fahrradfreundliche Städte und Gemeinden ein. Herzstück des Aktionsbündnisses sind mehr als 400 lokale Organisationen und Initiativen. Ein einzigartiges Netzwerk – dezentral, selbstorganisiert und gemeinsam stark.

Unterstützt wird es von den überregionalen Partner:innen: ADFC, Campact, Changing Cities, Clean Cities Campaign, Deutsches Kinderhilfswerk, Greenpeace, Parents For Future, Pro Velo Schweiz, VCD und Zukunft Fahrrad.