PM des BfnS: 'JVA-Chaos geht in die nächste Runde' und 'Feuerwehr und Verwaltungsstelle Geismar'

Mit nachhaltiger Politik haben diese Anträge nichts zu tun

Geposted von " Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung " am Tuesday, January 24, 2023

JVA-Chaos geht in die nächste Runde

Das von SPD, CDU und FDP verursachte Chaos in der Zukunftsplanung für die JVA am Waageplatz geht in die nächste Runde. Nach wie vor betreibt das Mehrheitsbündnis eine Politik frontal gegen die Interessen der Bevölkerung vor Ort. Die Parteien sind ganz offensichtlich nicht in der Lage, zusammen mit Verwaltung, Opposition und den Bewohner*innen des Stadtviertels eine einvernehmliche Lösung anzustreben. Zum wiederholten Mal provoziert diese undurchdachte und kompromissunfähige Baupolitik eine Demonstration vor der Bauausschuss-Sitzung. Eine Kundgebung des Sozialen Zentrums ist für 15:30 Uhr anberaumt.

Mit nachhaltiger Politik hatte der von SPD, CDU und FDP in der vergangenen Sitzung am 20.04.2023 völlig spontan eingebrachte und mit heißer Nadel gestrickte Änderungsantrag nichts zu tun. Es ging nur darum, einen Investor zu finden - Hauptsache es kostet die Stadt kein Geld. Dass und warum ein Investor bereits abgesprungen ist, interessierte nicht. Die Parteien sprachen von einem städtebaulichen Vertrag, der aber offenbar freiwillig vom Investor beachtet werden sollte - eine abenteuerliche Vorstellung von Baupolitik unter heutigen Bedingungen.

In einer neuen von der CDU verschickten Änderung dieses Änderungsantrags werden die Vorstellungen für kommende Sitzung am 04.05.2023 nun präzisiert. Weiterhin wird von einer Direktvergabe gesprochen. Anhand von weitgehend willkürlich zu vergebenden Prozentpunkten soll die Verwaltung zwischen verschiedenen Investoren auswählen. Der Kaufpreis (also der Unterschied zwischen 1 und 2 Euro?) fließt mit 30 % ein. Investoren sollen ein Finanzierungskonzept vorlegen ohne Ahnung davon, in welcher Höhe sich in etwa die Sanierungskosten bewegen dürften. Das Haushaltsbündnis spricht von einer Verfahrensbeschleunigung und moniert, dass die Vorschläge der Verwaltung zu zeitlichen Verzögerungen führen würden. Übersehen wird dabei, dass aufgrund eines derzeitigen Personalengpasses ein Vergabeverfahren sowieso nicht vor 2024 eingeleitet werden könnte. Einfach ausgedrückt: Das Haushaltsbündnis versucht Druck auszuüben, um die Dauer einer Schwangerschaft zu verkürzen.

Ich möchte bezweifeln, dass mögliche Investoren sich unter solchen Bedingungen überhaupt bei der Stadt melden. Eine Stadt, die selbst schreibt, dass sie über kein Personal verfügt, das das komplizierte Verfahren aus Nutzungskonzept, Verkauf und Bebauungsplan koordinieren könnte, erweckt nicht den Anschein, der Aufgabe gewachsen zu sein. Bei Bau- und Sanierungsprojekten einer solchen Dimension sind Investoren zwingend auf verlässliche Ansprechbarkeit und Zuarbeit der Bauverwaltung angewiesen.

Am besten wäre es tatsächlich, zunächst die Investitionsbedarfe ermitteln zu lassen, damit die Stadt nach Jahren der Stagnation und verschwendeter Zeit wenigstens etwas erledigt bekommt. Die Verwaltung empfiehlt zwar nicht, aber bietet an, dies in einer Machbarkeits- und Wirtschaftlichkeitsstudie zu klären. Dem sollte gefolgt werden.

Feuerwehr und Verwaltungsstelle Geismar

Die von der Verwaltung zur Sitzung des Bauausschusses am 04.05.2023 vorgelegten Varianten für die Sanierung der Feuerwehr Geismar und der benachbarten Verwaltungsstelle unterscheiden sich in den Auswirkungen auf das Klima. Die von Verwaltung und Ortsrat favorisierte Variante B würde zu einer deutlichen Zunahme der Versiegelung im Ortskern von Geismar führen. Die Variante C, welche einen Abriss des ortsbildprägenden Fachwerkhauses offenbar gleichmütig in Erwägung zieht, ist für das Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung gänzlich inakzeptabel. Die Variante A (ohne Feuerwehr-Neubau) wird Klimaschutzsaspekten am ehesten gerecht.

Variante B hat wenig mit den Zielen von Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu tun, die sich die Stadt selbst gesetzt hat. Auf dem baumbestandenen Parkplatz des Nachbargrundstücks stehen vierzehn hohe Bäume, zwei große Sträucher und sechs neugepflanzte Bäume. Die Stadt spricht davon, einige Bäume umpflanzen zu wollen. Dies kann nur die kleinen, vor nicht langer Zeit neu gepflanzten Bäume betreffen. Gänzlich unklar ist, wo der als Ausgleich für die Baumfällungen vorgeschriebene Ersatz gepflanzt werden soll. Sehr wahrscheinlich ist, dass der Ausgleich nur auf dem Papier erfolgt. Die Ausgleichsflächen für die entfernten Gehölze an der Busladestation Grete-Henry-Straße wurden 2021 zwar formell ausgewiesen - gepflanzt wurde auf den Flächen offenbar nichts.

Aktuell befinden sich auf dem Nachbargrundstück 24 Parkplätze, hinzu kommen etwa 5 an der Verwaltungsstelle. In der Variante A soll dies so bleiben. In der Variante B soll die Zahl der Parkplätze 49 betragen. Einen Grund für diese massive Erhöhung von 29 auf 49 nennt die Verwaltungsvorlage nicht.

2015 hatte sich die Stadt das Ziel gesetzt, bis 2025 30 % weniger Kfz-Fahrleistung auf den städtischen Straßen zu erreichen. Bislang hat die Stadt dieses Ziel mit keinerlei Maßnahmen unterfüttert. Jede einzelne Bauplanung schafft die Voraussetzung für weitere Kfz-Verkehrszunahmen - auch hier in Geismar. Statt 30 % weniger gibt es 70 % mehr.

Städtebaulich hat die Variante B ebenfalls wenig mit Nachhaltigkeit zu tun. Die Feuerwehr bekommt zwar ein eigenes Haus und kann die derzeit gültigen Normen erfüllen. Dies geschieht aber auf Kosten einer weitgehenden Versiegelung beider Grundstücke, Fällung von 20 Bäumen und damit vorhersehbare Aufheizung des Klimas im Ortskern. Das ortsbildprägende Fachwerkhaus bekommt ein hohes modernes Betongebäude direkt vor die Fassade gesetzt und wird städtebaulich entwertet.

Der Ortsrat Geismar geht offenbar genauso naiv und unbedarft an heutige Bauplanung heran wie der Göttinger Rat bei der Groner Tor-Planung. Alle Parteien bis auf die Piraten hatten der Groner Tor-Planung naiv zugestimmt - heute fragen sie sich alle verwundert, wie es dazu kommen konnte.

Der Ortskern von Geismar braucht kein zweites Groner Tor.

Dr. Francisco Welter-Schultes Mitglied im Rat der Stadt Göttingen Hiroshimaplatz 1-4 37083 Göttingen