GöttingenZero startet Unterschriftensammlung für fahrradfreundliche Stadt

Göttinger Radentscheid fordert Verbesserungen für den Fahrradverkehr auf Göttinger Straßen

Geposted von " GöttingenZero " am Wednesday, May 24, 2023

Pressemitteilung von GöttingenZero:

Die Klimaschutzgruppe GöttingenZero startet am 1. September die Unterschriftensammlung zum Göttinger Radentscheid. Dieser fordert Verbesserungen für den Fahrradverkehr auf den Göttinger Straßen, damit alle, besonders Kinder und ältere Menschen, sicher und selbstständig Fahrrad fahren können. Die Klimaschutzgruppe plant, dass beide Bürgerbegehren den Göttingerinnen und Göttingern zeitgleich zur Europawahl am 9. Juni 2024 zur Abstimmung vorgelegt werden. Dafür müssen bis spätestens 1. März 2024 jeweils mindestens 6813 Unterschriften gesammelt werden. Das erste Begehren enthält allgemeine Strategien, während das zweite Begehren konkrete Maßnahmen für bestimmte Straßen benennt. Unterschreiben dürfen ab dem 1.9. alle Menschen mit EU-Staatsbürgerschaft ab 16 Jahren mit Erstwohnsitz in Göttingen.

Fahrradfahren ist gut für die Gesundheit, vermeidet Lärm, schädliche Abgase, Stau, übermäßigen Flächenverbrauch und leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Aber nicht dann, wenn es zu gefährlich ist, auf den städtischen Straßen von einem Stadtviertel zum anderen zu fahren. Genau hier setzt der Radentscheid an. Menschen müssen sich auf dem Fahrrad sicher fühlen - das geht heute nur noch, wenn Fahrräder und Kfz auf den Hauptstrecken räumlich getrennt werden. Das Fahren im Mischverkehr auf Straßen wie der Stettiner Straße oder dem Friedländer Weg ist so unangenehm und gefährlich, dass ältere Menschen nicht das Fahrrad nehmen und Eltern ihren Kindern das Radfahren dort verbieten.

“Kinder brauchen sichere Radwege, vor allem auf ihrem täglichen Weg in die Schule. Das Elterntaxi- Problem kommt daher, dass die längeren Strecken viel zu gefährlich sind”, so Dagmar Finckh, Lehrerin und Mutter zweier Kinder, die bei der Kidical Mass aktiv ist.

GöttingenZero fordert also (- und das ist in Göttingen neu -) sogenannte Protected Bike Lanes: eine mechanische Barriere zwischen Fahrrädern und Kfz an Hauptstraßen mit hoher Bedeutung für den Radverkehr. Diese verhindert, dass Radfahrende von Kfz bedrängt werden können. Wenn der Platz dafür nicht ausreicht, müssen diese Straßen für den Autoverkehr als Einbahnstraßen ausgewiesen werden. Beispiele hierfür sind Merkelstraße und der Friedländer Weg, die als Einbahnstraßen in gegenläufige Richtung geführt werden sollen. Geringe Umwege für Kfz ermöglichen hier sicheres Radfahren zwischen Geismar und der östlichen Nordstadt. Dies führt zu einer Entflechtung von Rad- und Kfz-Verkehr. Damit das auch wirklich umgesetzt wird, ist besonders das konkrete zweite Bürgerbegehren wichtig.

Während die Initiator*innen von ähnlichen Radentscheiden in über 30 Großstädten nach der Unterschriftensammlung mit Rat und Verwaltung verhandelt haben, setzt GöttingenZero von Anfang an auf die Abstimmung an der Wahlurne.

“Die Politik war bislang zu mutlos und unsere Verwaltung wirkt auf weiten Strecken ausgebremst. Wir glauben, dass die Bevölkerung schon weiter ist und sind deshalb zuversichtlich, dass wir die vielen Unterschriften gesammelt bekommen und zur Europawahl im Juni 2024 den Radentscheid auch gewinnen werden”

so Jonas Luckhardt, von der AG Radentscheid von GöttingenZero.

Zu deutlich haben Rat und Verwaltung bislang signalisiert, dass sie weiter an der erfolglosen Strategie des Mischverkehrs auf vielbefahrenen Straßen festhalten wollen. So ist keine wirkliche Verbesserung der Radverkehrssituation in Sicht. Es fehlt der Mut, öffentlichen Raum neu aufzuteilen. Eine positive Entwicklung ist aber nicht möglich, ohne den Menschen jeden Alters, die Fahrrad fahren wollen, mehr Platz im öffentlichen Raum zu geben. Ohne dieses Eingeständnis bleibt die Stadt in einer Sackgasse. Erfreuliche Unterstützung bekam die Klimaschutzgruppe jüngst vom sogenannten Zukunftsforum der Stadt, einem Gremium aus 35 zufällig ausgelosten Bürger*innen aller politischen und unpolitischen Richtungen. Sie empfahlen in einem Gutachten für die Weender Landstraße genau das einzurichten, was im Radentscheid Protected Bike Lane genannt wird [Umweltausschuss 27.06.2023]. Eine ganze Fahrspur soll für den Fahrradverkehr bereitgestellt werden, eine weitere für den Bus und nur noch eine für das Auto. So fordern sie: “Die Zahl der Autospuren soll verringert werden und Parkplätze sollen wegfallen.” Sie beschlossen mit überwältigender Mehrheit, dass dort, wo der Platz nicht für alle reicht, die Busspur entfallen soll, und der Bus zu den Autos auf die Fahrbahn kommt, nicht auf die Fahrradspur. Auch das deckt sich mit Forderungen des Radentscheids.

“Uns überrascht nicht, dass eine Mehrheit in der Bevölkerung so denkt und die Notwendigkeit sieht, dass Fahrräder auf solchen Straßen dringend einen geschützten Raum brauchen. Was uns überrascht, ist, dass es für so einen Beschluss mit erheblichen Auswirkungen auf die ganze Göttinger Verkehrsinfrastruktur in einem solchen Zufallsgremium bereits heute über 90 Prozent Zustimmung gibt, ohne dass wir dafür einen Tag Werbung gemacht haben”

so Luckhardt.

Über GöttingenZero

GöttingenZero ist die lokale Untergruppe der Klimaschutzorganisation GermanZero. Mitglieder der Gruppe sind unter anderem Göttinger Wissenschaftler:innen, Ärzt:innen, Lehrer:innen und Studierende, die sich für nachhaltige Stadtentwicklung und insbesondere Klimaneutralität in Göttingen bis 2030 einsetzen. Dafür startete die Gruppe im Jahr 2021 ein Bürgerbegehren und sammelte dafür 7.686 gültige Unterschriften. Mit dem Ratsentschluss vom Dezember 2021 wurde der Bürgerentscheid abgewendet und stattdessen der „Klimaplan Göttingen 2030“ beschlossen. GöttingenZero arbeitet seitdem in Kommunikation mit der kommunalen Politik an der Realisierung des Vorhabens, Göttingen bis 2030 klimaneutral zu machen. Zu diesem Zweck hat die Gruppe unter anderem einen alternativen Klimastadtplan vorgelegt, der ausgehend vom Treibhausgas-Restbudget konkrete Maßnahmen zur CO2-Reduktion vorschlägt.

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