Doppelzählungen bei Ökostromnachweisen aus Island

Islands Ökostromzertifikate werden nicht mehr anerkannt

Geposted von " GöKB " am Wednesday, February 1, 2023

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Der in Island hergestellt Strom kommt fast ausschließlich aus Wasserkraft und Geothermiekraftwerken. Besonders viel Strom davon nutzt die Aluminiumindustrie, weil er zudem günstig ist.

Die drei Aluminiumhütten im Land verbrauchen mit etwa 12 Terawattstunden zusammen mehr als die Hälfte des in Island erzeugten Stroms. Alle drei Aluminiumunternehmen – Rio Tinto, Alcoa und Nordural – werben damit, dass ihr Strom aus erneuerbaren Quellen stammt.

Handel mit Herkunftsnachweisen

Island exportiert gleichzeitig in großen Mengen Herkunftsnachweise (guarantees of origin, GO) für erneuerbare Energien, mit dem Stromanbieter z.B. in Deutschland virtuell Strom aus erneuerbaren Energien verkaufen, indem gleichzeitig entsprechender Strom in Island als fossil deklariert wird.

15 Terawattstunden werden in Form von Herkunftsnachweisen in andere europäische Länder exportiert. Island produziert aber insgesamt nur etwa 19 Terawattstunden.

Mindestens 8TW grüner Strom ist eigentlich dreckig

Damit werden mindestens 8 Terawattstunden, das ist etwa dreieinhalb Prozent der erneuerbaren Bruttostromstromerzeugung in Deutschland, als grüner Islandstrom deklariert, ist aber in Wahrheit dreckiger europäischer Strom, meist aus Kohle.

Der AIB, für die Ausstellung und Verwaltung der Herkunftsnachweise zuständig, hat in einer aktuellen Pressemitteilung festgestellt, dass die Herkunftsnachweise aus Island nicht mehr exportiert werden dürfen.

Hierüber hatte bereits im vergangenen Jahr Golem.de berichtet, was zu einer Compliance-Prüfung der isländischen Praxis durch die AIB und letztlich zu ihrer aktuellen Entscheidung geführt.

In einem neuen Artikel wird dies nun wieder aufgegriffen, und um interessanten Details zu den Berechnungsmethoden und den Verstrickungen und Ausflüchten des größten isländischen staatlichen Stromkonzern erweitert.

Nicht nur Island, auch Norwegen in Verdacht

Der österreichische Stromkonzerns Verbund, zu 51 Prozent im Besitz des Staates Österreich, ließ bereits vor mehreren Jahren ein Rechtsgutachten erstellen, in dem die Situation in Norwegen unter die Lupe genommen wurde.

Ergebnis: auch in Norwegen bestehen Probleme mit Doppelzählungen von Ökostrom, die ganz ähnlich zu denen in Island sind. Auch dort wird manchmal derselbe Ökostrom in Geschäftsberichten von Unternehmen verrechnet und gleichzeitig in Form von Herkunftsnachweisen exportiert.

Hier wird eine neuerliche Evaluierung durch die AIB mit Spannung erwartet.

Ulrich Schwardmann, GöKB