Rückschrittige Energieversorgung der neuen Nordmensa

Offener Brief der Studierenden an der klimaschädlichen Planung des Studentenwerks

Geposted von " Fachgruppen der Universität Göttingen " am Friday, October 20, 2023

Liebe Studierendenschaft, Sehr geehrtes Studierendenwerk, Sehr geehrter Herr Magull, die Mittagszeit in einer Mensa ist ein wichtiger Bestandteil unseres Studienalltags. Sie dient nicht nur der Ernährung, sondern bietet auch Raum für ein Beisammensein und Gespräche mit Kommiliton*innen. Nach rund 3 Jahren mit den langen Warteschlangen, der hektischen Atmosphäre in allen Mensen und dem dürftigen Angebot der Lunchbox freuen wir uns am Nordcampus darauf, bald in einer modernen Nordmensa essen zu können.

Umso mehr verging uns der Appetit, als wir nach mehrmaligem Anfragen erfahren mussten, dass das Studierendenwerk den Bau eines Gaskraftwerks auf dem Dach der neuen Nordmensa plant. Das können wir nicht zulassen und wenden uns deshalb mit diesem offenen Brief an Studierendenschaft, Studierendenwerk und dessen Leiter Jörg Magull.

Wir befinden uns im Jahr 2024, 8 Jahre nach Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens. Uns allen ist klar, dass die Klimakrise das Leben insbesondere von uns jungen Menschen bestimmen wird. Fossile Energieträger müssen in allen Bereichen so schnell wie möglich zurückgedrängt und von erneuerbaren Energien abgelöst werden. Auf dem Weg dorthin ist fossiles Gas eben keine „Brückentechnologie“, sondern nur eine Wiederholung von schon gemachten Fehlern. Nicht erst seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wissen wir, dass eine Abhängigkeit der Energieversorgung von despotischen Regimen zu drastischen Steigerungen der Lebenskosten und damit zu teils existenziellen Belastungen von nicht nur Studierenden führen kann. Wenn sich das Studierendenwerk weiter von fossilem Gas abhängig macht, führen die unvermeidlich steigenden Gaspreise letztendlich zu höheren Preisen für Studierende an der Mensakasse.

Der naturwissenschaftliche Campus der „Stadt, die Wissen schafft“ sollte eine Vorbildrolle in Sachen Nachhaltigkeit und technologischem Fortschritt einnehmen. Auf Seiten des Studierendenwerks unter Leitung von Jörg Magull beobachten wir jedoch Intransparenz statt Problembewusstsein oder Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen. Gleichzeitig sonnen sich die Göttinger Mensen in ihrem deutschlandweit guten Ruf, welcher nicht zuletzt auf angeblicher Nachhaltigkeit fußt. Dieser grüne Anstrich ist anscheinend nur eine Fassade vor kurzsichtiger Energieplanung.

Der Zweck des Studierendenwerkes ist es unter anderem für die Gesundheit der Studierenden zu sorgen. Ein Gaskraftwerk, das unsere Lebensgrundlagen zerstört, bewirkt das Gegenteil. Dabei sollte es selbstverständlich sein, dass das Studierendenwerk in unserem Interesse handelt und unzeitgemäße Baupläne und Informationen nicht unter Verschluss hält.

Wir als Studierendenschaft erwarten, dass unsere Interessen durch das Studierendenwerk mit Weitsicht vertreten werden. Schließlich wird es von uns allen mitfinanziert.

Es ist unvorstellbar in der heutigen Zeit noch neue fossile Infrastruktur zu bauen, zumal die Klimakrise auch bei Planung des Projekts schon lange bekannt war und berücksichtigt hätte werden müssen. Die Dringlichkeit der Lage erfordert eine Änderung der Baupläne, die ein alternatives und wirklich nachhaltiges Wärmekonzept enthalten. Dafür könnten beispielsweise moderne Hochtemperaturwärmepumpen, die 90°C bis 130°C erreichen können, mit effizienter Abwärmerückgewinnung kombiniert werden. Sie als Entscheidungsträger*innen des Studierendenwerks und der Universität dürfen sich nicht mehr hinter schon gefassten Finanzplänen verstecken oder sich die Verantwortung gegenseitig in die Schuhe schieben. Öffentliche Institutionen haben eine Funktion als Vorbilder, besonders, wenn sie sich der Wissenschaft, der Lehre und dem Gemeinwohl verschrieben haben.

Wenn wir in der Vorlesung über die Klimakrise, ihre geophysikalischen Mechanismen und ihre Auswirkungen auf Ökosysteme, Landwirtschaft und Wälder lernen, können wir nicht danach in einer Mensa essen, deren Betrieb gerade diese Krise verstärkt. Wir fordern von Ihnen als Studierendenwerk Ihrer Verantwortung durch eine 100% erneuerbare Energieversorgung der neuen Nordmensa gerecht zu werden. Wir erwarten in Zukunft vollständige Transparenz und fordern deshalb die Veröffentlichung der Baupläne.

Die Nordmensa hat die Chance das zu werden, was eine moderne Mensa sein sollte: Ein Ort, an dem wir uns treffen und gemeinsam ein leckeres Essen einnehmen können. Ein Ort, der uns ermöglicht einen Lebensstil zu führen, der unsere Existenz nicht gefährdet. Ein Ort, der das Wissen über die Klimakrise ins Handeln für eine klimagerechte Welt umsetzt.

Das ist die Mensa, die wir brauchen und einfordern!

Unterzeichnet von

Nordmensa-Unterzeichner-Fachgruppen